Familie Schenker

 

Die Landwirtschaft und ich 


Lange habe ich mit mir gerungen nun habe ich mich aber doch entschlossen meine Meinung kundzutun. Ich fühle mich verpflichtet, der nicht Landwirtschaftlichen-Bevölkerung einen Einblick in meinen Alltag zu verschaffen. Ich möchte nicht über die Initiativen schreiben, sondern meine Eindrücke der Landwirtschaft teilen.

 

Ich bin nicht in der Landwirtschaft aufgewachsen habe somit beide Seiten erlebt und kann mich gut in beide Seiten hineinversetzen.

Als Mädchen durfte ich auf dem Hof meiner Schulkollegin -welcher ganz in der Nähe meines Elternhauses war- mithelfen.

Von 2005-2018 arbeitete ich bei der Landi Aarau West im Volg Laden und war somit immer wieder mit der Landwirtschaft und den Bauern in Kontakt.

 

Hätte mir aber vor 10 Jahren jemand gesagt, ich würde einen Bauern heiraten, ich hätte ihn für verrückt erklärt.

Ich hatte mit der Landwirtschaft absolut gar nichts am Hut.

Aber seit 2015 -als ich meinen Mann kennenlernte- lebe ich für und mit der Landwirtschaft.

Mittlerweile haben wir zwei gemeinsame Kinder, welche unseren Alltag ordentlich aufmischen.

 

Momentan bin ich am Wallierhof in Riedholz an der Bäuerlich-Hauswirtschaftlichen Schule und mache dort die Ausbildung zur Bäuerin. Das auch mit dem Grundgedanken, dass ich nicht aus der Landwirtschaft komme und mich noch besser damit auseinandersetzen will.

Wir führen einen Betrieb nach den ÖLN-Richtlinien, auf diese komme ich später nochmal zu sprechen. Auf unserem Hof leben 16 Mutterkühe 1 Zuchtstier 15 Mastrinder, 30 Legehennen und 2 Ponys. Zu unserem Betrieb gehören 22ha Landwirtschaftliche Nutzfläche.

 

Meine Aufgaben auf dem Betrieb:

·        Mami sein

·        Haushalt, Waschen, Kochen

·        Garten für die selbergemachten Produkte und zum Eigengebrauch

·        Direktvermarktung von unserem Fleisch und unseren selbstgemachten Produkten

·        Produkteverarbeitung (Eingemachtes, Brot backen usw.)

·        Diverse Büroarbeiten

·        Stall Arbeit und weitere Arbeiten auf dem Hof, falls Hilfe gebraucht wird

 

 Nun zum eigentlichen Thema

Auch unsere Hühner gehen nicht im Coop oder im Migros die Eier legen. Ein solches Bild der Schweizer Landwirtschaft ist falsch und es macht mich sauer. Leider wird von den Medien und der Werbung oft ein falsches Bild der Landwirtschaft dargestellt.

 

Ja das Landleben ist schön und ja das Landleben ist anstrengend. 365 Tage und 24 Stunden piket sind für uns eine Selbstverständlichkeit und dies ohne Nacht- oder Wochenendzuschlag, Wenn eine Kuh kalbt, kommt es oft vor das der ganze Tagesplan über den Haufen geworfen wird. Und Kühe kalben nicht zu Bürozeiten, das kann dann auch mal eine Nachtschicht bedeuten.

Ist mal ein Tier krank gilt dasselbe. Dann wird alles Nötige unternommen damit das Tier wieder auf die Beine kommt.

Leider ist es aber manchmal nicht möglich dem Tier zu helfen, und es muss erlöst werden. Tier Leid zu verhindern ist auch Tierschutz. Wir sind verpflichtet dazu unseren Tieren jedes unnötige Leid zu ersparen. Auch diese unschönen Erlebnisse gehören zur Landwirtschaft und ich musste lernen damit umzugehen. Zum Glück ist das bei uns eher selten der Fall.

 

Die tägliche Stall Arbeit ist meine Passion. Jeden Morgen um 6Uhr geht’s los. Ja auch Samstag und Sonntag!

Ausser dem Füttern und Misten ist es mir sehr wichtig den Kontakt zu den Tieren zu haben. Das bedeutet zwar mehr Zeitaufwand, weil es sich nicht so schnell arbeiten lässt, wenn jedes Tier noch seine Streicheleinheit abholen möchte, aber mir ist es ein Anliegen, dass unsere Tiere nicht vor uns Scheuen.

Des Weiteren ist es viel einfacher zu beurteilen, wann es einem Tier nicht gut geht, wenn man es besser kennt. Neben den Arbeiten gehört gutes Beobachten der Tiere zur täglichen Routine.

 

Wenn unsere Rinder schlachtreif sind, könnte ich heute noch jedes Mal heulen. Darum geben wir täglich unser Bestes, dass es unseren Tieren an nichts fehlt und sie bei uns ein gutes Leben führen können, bis es dann an der Zeit ist Abschied zu nehmen.

Ich bin immer dankbar, wenn wir ein Tier für die Direktvermarktung schlachten lassen. So kann ich mir sicher sein, das Tier wird möglichst stressfrei seinen letzten Weg antreten. Und ich kenne die Kunden, welche unser Fleisch schätzen.

Anders wenn das Tier zuerst zu Bell und dann zu Coop kommt. Dann frage ich mich des Öfteren, ob das Fleisch überhaupt jemals auf einem Teller landete oder direkt im Abfall.

! Thema Food Waste !

Ans Essen der eigenen Tiere musste ich mich zuerst gewöhnen. Heute ist es für mich aber kein Problem mehr, eher bin ich dankbar dieses Privileg zu haben und auch unseren Kindern zu zeigen wo das Fleisch herkommt.

So gehen sie respektvoller und bewusster mit Fleisch um.

 

ÖLN- Richtlinien = Ökologischer Leistungsnachweis

 


Kurz und knapp erklärt sind die ÖLN-Richtlinien Grundlagen und Regeln an diese sich alle Landwirte halten müssen, um Direktzahlungen zu erhalten.

 

Der ÖLN umfasst:

 1. die Haltung der Nutztiere nach Tierschutzgesetzgebung (DZV Art. 12)

 2. eine ausgeglichene Düngerbilanz (DZV. Art. 13)

3. Bodenuntersuchungen (DZV Art. 13)

 4. einen angemessenen Anteil an Biodiversitätsförderflächen (DZV Art. 14)

 5. die vorschriftsgemässe Bewirtschaftung von Objekten in Inventaren von nationaler Bedeutung (Art. 15)

 6. eine geregelte Fruchtfolge (DZV Art. 16)

 7. einen geeigneten Bodenschutz (DZV Art. 17)

 8. die gezielte Auswahl und Anwendung der Pflanzenschutzmittel (DZV Art. 18)

9. Vorgaben betreffend Saat- und Pflanzengut (DZV Art. 19)

10. Vorgaben betreffend Spezialkulturen (Art. 20)

11. Vorgaben betreffend Pufferstreifen (Art. 21)

 

Neben der Tierhaltung betreiben wir Ackerbau (Gerste, Weizen, Mais, Raps und Kunstwiese)

Da kommen die ÖLN-Richtlinien wieder zum Tragen.

 

Grundsätzlich ist zu sagen, dass ein Landwirt aufzeichnungspflichtig ist. Und sehr viel Arbeit nicht nur auf dem Feld stattfindet, sondern eben dann auch im Büro.

 

Konkret heisst das auf dem Feld:

 

Ein Landwirt bewirtschaftet eine Parzelle (Feld) mit einer Frucht (Gerste, Weizen, Raps usw)

Nun hat er für jede Parzelle, die er bewirtschaftet ein sogenanntes Parzellenblatt zu führen auf welchem er aufzeigen muss was, warum und wann er die Arbeiten auf dem Feld gemacht hat.

 

 

 

·        Was wurde gesät

·        Wann und wie wurde gesät

·        welche Bodenbearbeitungs Methode wurde gewählt

·        Was war vorher auf dem Feld, um die Fruchtfolge einzuhalten

·        Welches und wie viel Pflanzenschutzmittel wurde eingesetzt

·        Wie viel Dünger und welche Dünger wurden ausgebracht

·        Und zum Schluss die Ernte Ergebnisse

 

paerzellen
paerzellen

Ohne Frage hat es auch Vorteile solche Parzellenblätter

zu führen um vergleichen zu können oder zu schauen wie

man es ein anderes Mal auf dieser Parzelle gemacht hat

um allenfalls Verbesserungen zu machen

und die Kosten im Griff zu haben.

 

Düngerbilanz

Jeder Betrieb darf nur so viel Dünger erzeugen und ausbringen, wie er Kulturen hat, die diesen Dünger benötigen. Falls mehr Hofdünger produziert werden, muss dieser an Betriebe mit Nährstoffbedarf abgegeben werden.

Hofdünger = Mist und Gülle

 

Bodenschutz

Ein Landwirt ist verpflichtet den Boden, welchen er nutzt, möglichst bodenschonend zu bearbeiten das bedeutet, wenn möglich ohne Pflug, je weniger der Boden bewegt wird umso mehr Leben hat es im Boden (Würmer usw.) Ausserdem ist der Boden weniger tragfähig und erosionsgefährdet, wenn er zu stark bearbeitet wird.

Je nachdem ist ein Pflug Einsatz aber unerlässlich zum Beispiel bei viel Unkraut oder Krankheiten.

 

Fruchtfolge

Die Fruchtfolge ist ein Wechsel der Kulturen auf dem Feld, um Krankheiten und Schädlinge in Schach zu halten.

 

Pflanzenschutz

Pflanzenschutz wird nur dann angewendet, wenn es nötig ist und das dann auch nur wenn eine gewisse Schadschwelle erreicht ist. Für jede Kultur und für jeden Schädling oder jede Krankheit ist eine Schadschwelle festgelegt ab wann behandelt werden darf.

 

 

In der Tierhaltung:

Auslaufjournal:                      Wann konnten die Tiere auf die Weide oder auf den Laufplatz

 

Behandlungsjournal              Welches Medikament wurde welchem Tier wann verabreicht (Absetzfrist: So lange ist das Medikament im Fleisch oder in der Milch nachweisbar)

 

Das sind nur einige, aber für mich die wichtigsten Punkte

Ich möchte nicht auf jeden Punkt eingehen.

 

Für weitere Infos https://www.blw.admin.ch/blw/de/home/instrumente/direktzahlungen/oekologischer-leistungsnachweis.html

 

Somit ist die Aussage, dass die Landwirte die Direktzahlungen in den Arsch geschoben bekommen, definitiv falsch. Ohne diese Aufzeichnungen bekommt ein Betrieb keine Direktzahlungen und wenn einer oder mehrere Punkte nicht erfüllt sind werden die Direktzahlungen gekürzt oder müssen zurückbezahlt werden. Übrigens, Direktzahlungen sind notwendig damit der Bauer kostendeckend produzieren kann. Und das liegt in erster Linie daran, dass die Konsumenten ihr Geld lieber für Reisen, Freizeit usw. ausgeben statt für Lebensmittel.

 

Klar gibt es schwarze Schafe, die alles ausreizen müssen. Ich ärgere mich, selbst wenn gewisse Bauern immer an Sonn - und Feiertagen oder nachts noch aufs Feld müssen. Ich will nicht behaupten, dass komme bei uns nicht vor, aber dann hat es einen gravierenden Grund und es kommt äusserst selten vor.

Man muss einfach bedenken es gibt Betriebe da arbeitet der Betriebsleiter Auswärts, um über die Runden zu kommen. Dann ist er fast gezwungen die Arbeiten am Sonntag oder abends zu erledigen. Solche Betriebe wird es in Zukunft noch mehr geben, wenn es so weiter geht.

Schon mal etwas von steigenden Suizid - und Burnout Zahlen bei Landwirten gehört? Von Existenzängsten ganz zu schweigen.

Bei diesem Druck ist das kein Wunder!

 

 

Bauern sind super im Jammern, das war auch meine Meinung. Heute weiss ich sie haben allen Grund dazu. Für alles müssen sie kämpfen und zum Schluss noch den Kopf hinhalten.

 

Beispiel Land am Waldrand

Dort wird dann schon mal schnell ein Auto am Feldrand parkiert um im Wald spazieren zu gehen.

Na, hättet ihr Freude ich würde mein Auto bei euch im Garten parkieren?

 

Beispiel Nussbaum auf dem Feld

Da werden Säckeweise Baumnüsse eingeladen. Landwirtschaftsland ist kein Allgemeingut und alles was darauf wächst gehört dem Bauern.

Hättet ihr Freude ich würde euren Garten plündern?

 

Beispiel Strommast

Ein alter Strommast muss auf einer Parzelle ersetzt werden. Aber muss das genau dann sein wenn der Raps in voller Blüte steht?

 

Es gäbe noch viele solcher Beispiele .

 

Unsere Felder sind unsere Gärten, sie sollen die Bevölkerung ernähren werden aber mit Füssen getreten!

 

Wenn Bauern nur noch so viele Tiere halten könnten wie sie Futter auf dem Betrieb produzieren können, wird noch so mancher Betrieb zu Grunde gehen. Dann leckt sich evtl. ein anderer Betriebsleiter mit grösserem Hof die Finger und kauft die kleinen Betriebe auf. Ab einer gewissen Grösse ist er dann nicht mehr Direktzahlungsabhängig, so muss er nicht mehr nach den ÖLN Richtlinien arbeiten und kann machen was er will. Mit dieser Entwicklung verschwindet die kleine Landwirtschaft welche für die Schweiz bekannt ist.

 

Also schützen wir doch diese Landwirtschaft die wir jetzt haben, damit wir nicht noch mehr vom Ausland abhängig sind weil Betriebe aufhören müssen oder eben die Betriebe immer grösser werden und so gar nicht mehr ins Bild der Schweiz passen.

 Die Landwirtschaft ist anpassungsfähig und wandelbar, dass hat sie in der Vergangenheit mit den verschiedenen Agrarreformen bewiesen. Ein Umdenken muss stattfinden das ist unumstritten aber das geht nicht von heute auf morgen, das braucht Zeit.

 

Danke fürs Lesen und freundliche Grüsse

Sandy Schenker


 

"Eines sollst du nie vergessen, Bauern sorgen für dein Essen!" 


 

 

 

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